Ein Piks kann drei Menschen retten
Martin Haidn spendete zum 55. Mal Blut – heutiger Weltblutspendetag soll an Bedeutung erinnern

Geiersthal. Ganz entspannt liegt Martin Haidn auf einer Liege in der Geiersthaler Turnhalle. Den linken Arm ausgestreckt neben sich, denn „die linke kommt von Herzen“, sagt der 56-Jährige und grinst. Von der Nadel in seiner Armbeuge spürt er nichts. Der Geiersthaler ist aber auch schon ein alter Hase, was das Blutspenden angeht. Zum 55. Mal spendet Haidn schon Blut. 27 Liter waren es bereits – die nächsten 500 Milliliter laufen gerade aus einer Vene durch einen transparenten Schlauch in den Beutel neben der Liege.
Das erste Mal Blut gespendet hat Martin Haidn kurz nach seinem 18. Geburtstag. Weil ihm die Kanüle bei der dritten Spende aber so tief gestochen wurde, dass es ihm sehr weh tat, setzte er knapp zehn Jahre aus. Seit den 1990ern geht er wieder regelmäßig, zwei bis dreimal im Jahr, zur Blutspende.
Mitsamt Personalausweis und Blutspendeausweis kommt der 56-Jährige am Montagnachmittag in die Turnhalle der Geiersthaler Grundschule. Am Empfang gibt ihm eine ehrenamtliche Helferin ein Informationsschreiben und ein Blatt mit 40 Fragen, die er in einem Nebenraum ausfüllt. Es wird nach aktuellen Infektionen, Impfungen, OPs, Zahnarztbehandlung, Sexualverhalten und Auslandsaufenthalten gefragt.
„Die Fragen nerven halt, aber sie sind eine Absicherung“, sagt Haidn. Er sucht nach der Frage zur Medikamenteneinnahme, denn der 56-Jährige nimmt Betablocker. Zur Sicherheit hat er einen leeren Blister mitgenommen. So kann die Ärztin später beurteilen, ob er spenden darf.
Martin Haidn muss aufseinen Eisenwert achten
An der nächsten Station werden Martin Haidns Daten abgeglichen und der Hämoglobinwert (Hb-Wert) bestimmt. Hämoglobin ist der rote Blutfarbstoff und gibt indirekt an, wie viel Blut eine Person hat. Mit einem Tropfen Blut aus dem Finger steht dieser Wert innerhalb weniger Sekunden fest. Bei Frauen ist ein Wert zwischen 12,5 und 20 im Normbereich, bei Männern zwischen 13,5 und 20. Haidns Hb-Wert liegt mit 13,9 am untersten Ende.
„Der ist nicht so machtig bei Ihnen“, warnt Ärztin Dr. Katrin Kunze-Rösner am nächsten Tisch. „Sie müssen schauen, dass der Eisenwert steigt.“ Ein ärztliches Gespräch vor der Spende ist immer notwendig, besonders aber muss die Einnahme von Arzneimitteln abgeklärt werden. „Mit den allermeisten Medikamenten darf man spenden, außer bei der Einnahme von Antibiotika, bestimmten Akne- und Prostatamedikamenten“, erklärt Kunze-Rösner. Haidns Betablocker sind kein Ausschlusskriterium.
Sie misst dem 56-Jährigen die Körpertemperatur und den Blutdruck. Beides im Normalbereich. Am Ende bekommt Martin Haidn eine Broschüre in die Hand mit Tipps für eisenhaltige Lebensmittel. Diese helfen, einem Hämoglobinmangel vorzubeugen. Schließlich soll sich der Körper nach einer Blutspende auch wieder gut erholen können: „Das Ziel ist, dass der Spender auch wieder gesund heimgeht“, sagt die Medizinerin Katrin Kunze-Rösner.
Ein Helfer prüft direkt vor der Spende noch einmal die Daten ab und gibt Martin Haidn einen Beutel. In den fließt gleich sein Blut. Doch zuerst setzt die Helferin die abgeschrägte Nadel an der Haut an und sticht in die Vene. Zuerst nimmt sie einige Milliliter in drei kleine Röhrchen ab. Diese werden nicht gespendet, sondern im Labor auf Hepatitis, HIV und andere Infektionen untersucht. Bei Auffälligkeiten würde der Hausarzt informiert. Dann wird der Schlauch angestöpselt, über den der halbe Liter Blut in den Beutel läuft. Martin Haidn sieht nicht hin, sondern unterhält sich währenddessen lieber. „Mit dem Kreislauf hat mir noch nie etwas gefehlt“, sagt er. Im Gegenteil: „Mir geht es zwei, drei Tage nachher immer besser als vorher.“ Das lässt sich durch die Endophine erklären, die beim Blutspenden ausgeschüttet werden. Schließlich konnten die Steinzeitmenschen bei einem Blutverlust auch nicht schlapp herumhängen, sondern mussten überleben, erklärt Kunze-Rösner.
Nach nur fünf Minuten und 40 Sekunden ist es geschafft, der Bildschirm neben Martin Haidn zeigt einen vollen Beutel an. Die Helferin zieht die Nadel aus dem Arm, verbindet ihn. Das Blut wird demnächst in Plasma, Erythrozytenkonzentrat und Thrombozytenkonzentrat aufgeteilt. Die Bestandteile werden bei verschiedenen Erkrankungen benötigt – mit einer Spende kann also bis zu drei Menschen geholfen werden.
Zum Schluss: Kaffeeund eine Wurstsemmel
Mit dem anschließenden Selbstausschluss muss der Geiersthaler noch bestätigen, dass sein Blut auch verwendet werden darf. Als Dankeschön und zur Stärkung für die freiwilligen Spender und Spenderinnen haben ehrenamtliche Frauen Kaffee, Orangensaft, Wurst- und Käsesemmeln vorbereitet, bei denen sich im Anschluss viele Blutspender stärken. Das erste Mal nach Corona darf man sich wieder setzen und miteinander ratschen. In den vergangenen Jahren gab es nur Lunchpakete. Auch Martin Haidn langt zu. Im Herbst kommt er wieder – dann zu seiner 56. Blutspende.