Bergwacht: Rücktritt vom Rücktritt
Bis Ende Mai wollen Führung und Bereitschaftsmitglieder Lösung für die Zukunft finden

Viechtach. Das ist knapp gewesen: Nach fast vierstündiger Versammlung mit intensiver Debatte, Vermittlung durch BRK-Vertreter, Geschäftsführer Günther Aulinger und Franz Lobmeier, sowie Zugeständnissen der Regionalleitung hat sich die zurückgetretene Führungsriege der Bergwacht Viechtach um Bereitschaftsleiter Markus Schmelmer zum Rücktritt vom Rücktritt durchgerungen. Zumindest vorübergehend.
Bis Ende Mai haben die Mitglieder nun Zeit, gemeinsam nach einem Weg aus der Krise zu suchen und die Bereitschaft auf solide Beine zu stellen. Andernfalls endet nach 82 Jahren die Ära der Bergwacht Viechtach.
Kameradschaft aus Sicht der Mitglieder sehr gutSo weit darf es nicht kommen, betonten die Bergwacht-Urgesteine Hermann Wagner, Fritz "Jim" Bayer, Erich Festner und Siegi Niedermayer. Sie appellierten in emotionalen Wortmeldungen an Führungsriege und Aktive, eine Lösung zu finden, damit es weitergeht mit der Bergwacht. Eine Übernahme durch die Regionalleitung – Regionalleiter Robert Heilig, sein Stellvertreter Jürgen Bummer und Bergwacht-Geschäftsführer Tobias Vogl waren zur Versammlung gekommen – müsse unbedingt vermieden werden, hieß es.
Das Verhältnis zur übergeordneten Ebene ist angespannt, das wurde bei der Zusammenkunft mehr als deutlich. Heftig reagierten etwa Jim Bayer und Hermann Wagner, als der Gruppierung mangelnde Kameradschaft vorgeworfen wurde. "Die Kameradschaft ist heute wesentlich besser als früher, und auch die Zusammenarbeit von Jung und Alt funktioniert gut", erklärte Bayer. Wagner betonte, dass "wir junge Leute bekommen und eine gute Mannschaft haben und die Ausbildung funktioniert". Ins selbe Horn blies Erich Festner: "Die Kameradschaft ist so gut wie schon lange nicht mehr. Die Truppe ist nicht auf Talfahrt."
Was tatsächlich nicht klappe, sei das Ausrücken tagsüber, weil die Leute nicht wegkönnen von der Arbeit, erläuterte Bereitschaftsleiter Schmelmer.
Die Bergwacht müsse ihre Pflichten erfüllen, die aus dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz und aus dem Vertrag mit dem Rettungszweckverband resultieren, wie Regionalleiter Robert Heilig in der Versammlung betonte. Er sprach von einer Brücke, die man Viechtach bauen wolle mit dem Vorschlag, die Bergwacht zu einer ergänzenden Bereitschaft herabzustufen und die primäre Versorgung des Gebiets abzugeben.
Markus Schmelmer erklärte aber, dass das für ihn keine Lösung sei, weil dafür trotzdem die volle Struktur aufrecht erhalten werden müsse und dafür fehle es an Kräften. Er und seine Kollegen hätten deshalb die Konsequenzen gezogen und seien zurückgetreten (VBB berichtete). "Und zwar nicht, weil wir keinen Bock mehr haben, sondern weil uns von der Regionalleitung gesagt wurde, dass wir alles falsch machen", stellte stellvertretender Bereitschaftsleiter Hans-Jürgen Achatz klar.
Aulinger: Ehrenamtliche nicht mit Füßen treten"Diese Rücktritte waren für mich ein Stich ins Herz", erklärte BRK-Geschäftsführer Günther Aulinger. Er erklärte, dass die Bergwacht nicht nur an Einsätzen gemessen werden dürfe. "Die Bergwacht besteht aus Ehrenamtlichen, und wir Hauptamtlichen können nicht über sie bestimmen. Außerdem heißt es im Vertrag mit dem Rettungszweckverband, dass auszurücken ist, ,im Rahmen der ehrenamtlichen Möglichkeiten‘", betonte Aulinger. Hauptamtliche hätten die Ehrenamtlichen zu schützen und nicht mit Füßen zu treten. Die Viechtacher fühlten sich aber nicht nur mit Füßen getreten. Sie befürchteten vielmehr, "dass sie zugrunde gerichtet werden sollen" – und das könne nicht sein, sagte Hermann Wagner.
BRK-Geschäftsführer Aulinger versuchte zu vermitteln und appellierte an die ganze Mannschaft, weiterzumachen und zugleich Unterstützung von der Regionalleitung einzufordern, etwa im Bereich der Ausbildung. Dies sicherten Heilig und sein Stellvertreter Jürgen Bummer genauso zu wie Geschäftsführer Tobias Vogl, der Hilfe bei administrativen Aufgaben anbot. Außerdem versicherten die Vertreter der Regionalleitung, dass es nie ihre Absicht gewesen sei, die Bergwacht Viechtach aufzulösen und ihr die Gerätschaften zu nehmen. Soweit dürfe es auch nicht kommen, machte Günther Aulinger deutlich. "Die Ausrüstung der Bereitschaft muss in in Viechtach verbleiben."
Als einer der Knackpunkte kristallisierte sich der Einsatzleitdienst unter der Woche von 6 Uhr früh bis 18 Uhr abends heraus. Dieser sei mit Ehrenamtlichen im Moment nicht zu schultern, wurde mehrfach erklärt. Bis Ende Mai wird diesen deshalb nun die Regionalleitung der Bergwacht übernehmen. Außerdem wurde vereinbart, mit den umliegenden Bereitschaften des Einsatzleitbereichs Vorderer Wald über eine mögliche Neu-Aufteilung der Dienstzeiten zu sprechen. Intern wollen sich die Mitglieder der Bergwacht Viechtach mit der Führungsriege um Bereitschaftsleiter Markus Schmelmer zusammensetzen und einen Weg aus der Krise finden. Unter diesen Voraussetzungen haben die fünf zurückgetretenen Führungskräfte der Bereitschaft ihren Rücktritt zurückgenommen bis Ende Mai.
Der Diskussion um die Zukunft der Bergwacht Viechtach vorausgegangen waren der Rechenschaftsbericht von Bereitschaftsleiter Markus Schmelmer, der an Sanitätsdienste bei Cross- und Bergläufen und bei der Schmankerlwanderung, an Ausbildungen und 16 Einsätze erinnerte, der Kassenbericht von Simone Stieglbauer, der Revisor Jim Bayer einwandfreie Arbeit bescheinigte, die Entlastung der Vorstandschaft und die Übergabe der Anwärter-Ausweise an eine Reihe von Anwärtern, die mit der Ausbildung zu aktiven Einsatzkräften begonnen haben. Acht Anwärter gehören aktuell der Bergwacht Viechtach an, außerdem 17 inaktive (passive) Mitglieder und 18 Aktive.